Was tun bei Inkontinenz bei Frauen?
Eine Inkontinenz bei Frauen hat meistens andere Ursachen als bei Männern. In der Häufigkeit liegen die Frauen weiter vorn. Erst ab dem 60. Lebensjahr holen die Männer wieder etwas auf. Zum Glück gibt es effektive Therapien gegen Harninkontinenz. Auf Frauen abgestimmte Maßnahmen und Hilfsmittel sorgen für ein aktives Leben, auch mit Harninkontinenz.
Formen der Inkontinenz bei Frauen
Belastungsinkontinenz
Diese Form der Inkontinenz wird bei Frauen am häufigsten diagnostiziert.
Manchmal ist auch von einer Stressinkontinenz die Rede. Damit ist nicht der psychische Stress gemeint, sondern der Stress, dem die Strukturen den Beckenboden ausgesetzt sind. Nur kräftige, gesunde Muskeln und Haltebänder sorgen dafür, dass die Harnröhre unter Belastungssituationen dicht schließt.
Das Symptom einer Belastungsinkontinenz ist ein unkontrollierbarer, unwillkürlicher Harnabgang. Das kann bei einem plötzlichen Lachanfall passieren oder bereits beim Hinsetzen. Dementsprechend werden drei Schweregrade der Belastungsinkontinenz (nach Ingelmann-Sundberg) unterschieden. Es kommt zu ungewolltem Harnverlust ...
Grad I: beim Lachen, Nießen, Husten, Springen und beim Heben schwerer Gegenstände
Grad II: bei körperlichen Belastungen wie Gehen, Treppensteigen, Hinsetzen und Aufstehen
Grad III: ohne besondere Belastung, im Liegen
Die Ursachen einer Belastungsinkontinenz
Durch eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur oder Schäden an den Bändern schließt die Harnröhre nicht mehr dicht.
Mögliche Ursachen sind:
- Schwangerschaft, Geburt
- Wechseljahre (hormonelle Umstellung)
- Überlastung, schwere körperliche Arbeit
- Übergewicht
- chronische Bronchitis
- Absenkung von Organen (Gebärmutter, Blase, Scheidenregion)
- Bindegewebsschwäche, Schwäche der Beckenbodenmuskulatur
In den meisten Fällen kommt es zu einer Besserung, wenn die Ursachen erfolgreich behandelt werden. Bei allen Ursachen ist ein individuell angepasstes Training der Beckenbodenmuskulatur wichtig!
Dranginkontinenz
Diese Form der Inkontinenz, auch Urgeinkontinenz genannt, wird mit rund 30 Prozent am zweithäufigsten bei Frauen diagnostiziert. In den meisten Fällen liegt eine Mischform von Belastungs- und Dranginkontinenz vor. Denn lediglich mit einer kräftigen Bodenbeckenmuskulatur gelingt es den Betroffenen, den Harn zu halten, um rechtzeitig eine Toilette auszusuchen.
Bei der Dranginkontinenz steht als Symptom ein häufiger starker Harndrang (imperativer Harndrang) im Vordergrund. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer überaktiven Blase oder Reizblase.
Dieser Drang kann oftmals nicht unterdrückt werden und es kommt zu einem ungewollten Harnabgang. Da kann bereits eine Inkontinenz Mischform vorliegen, weil der Beckenboden ist nicht kräftig genug ist, dagegenzuhalten. In diesem Fall ist eine hyperaktive Blase der Stressfaktor.
Die Ursachen einer Dranginkontinenz
raumgreifende Prozesse, die auf die Blase einwirken (Schwangerschaft, Geburt, Übergewicht, Tumore)
Harnwegsinfekte
Harnleitersteine, Blasensteine
gestörte Nervenreizleitung (durch Nervenerkrankungen, Schlaganfall, Hirntumor, Parkinson, Alzheimer, Multiple Sklerose)
psychische Ursachen (Stress, Nervosität, psychische Traumata)
Seltenere Formen der Inkontinenz
Überlaufinkontinenz
Ein Harndrang wird nicht wahrgenommen. Die Blase läuft voll und der Inhalt sprengt den Verschluss der Blase. Es kommt zu einem Überlauf. Große Mengen Urin werden unfreiwillig abgelassen. Meistens sind Schädigungen der empfangenden oder sendenden Nerven der Blase die Ursache dieser Störung.
Reflexinkontinenz
Bereits geringe Harnmengen sorgen dafür, dass sich die Blasenmuskulatur reflexartig zusammenzieht. Dabei kommt es zu einem ungewollten Urinabgang. Wie bei der Überlaufinkontinenz, sind meistens neurologische Störungen dafür verantwortlich. Zum Beispiel ein Bandscheibenvorfall oder eine Querschnittslähmung.
Inkontinenz bei Frauen: Diagnose und Therapie
Anhand der Symptome und Lebenssituationen können Sie selbst oft schon vermuten, was die möglichen Ursachen der Inkontinenz sein könnten. Doch das ersetzt nicht den Gang zur Gynäkologin, zum Gynäkologen. Mit einer fachlichen Diagnose ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Therapie hoch.
Inkontinenz bei Frauen: mögliche Therapien
Beckenbodentraining bei Inkontinenz
Bei einer Belastungsinkontinenz und der Mischform einer Belastungs- und Dranginkontinenz ist ein regelmäßiges Beckenbodentraining am erfolgversprechendsten.
Mit einem starken Beckenboden (Muskeln und Bänder) lässt sich eine Inkontinenz oft verhindern, erheblich verkürzen oder heilen.
Individuell angepasste Anleitungen erhalten Sie von Physiotherapeuten/innen, in einigen Fitnessstudios, bei der Schwangerschaftsgymnastik, von Ärzten/innen und Hebammen.
Wer nicht akut unter Inkontinenz leidet, kann heute noch damit beginnen. Einfache Übungsanleitungen finden Sie in unserem Artikel Beckenbodentraining bei Inkontinenz.
Blasentraining bei Dranginkontinenz (Blasenschwäche, Reizblase)
Ein gezieltes Blasentraining hilft, die Blase zu beruhigen und die Toilettengänge zu reduzieren. Dafür führen Sie ein paar Tage lang ein Miktionsprotokoll. Notieren Sie die Flüssigkeitsaufnahme, die Toilettengänge sowie ungewollten Harnabgang. Besprechen Sie dann anhand Ihres Protokolls die einzelnen Trainingsschritte mit Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt durch.
Operative Eingriffe
Die Gynäkologin, der Gynäkologe wird entscheiden, ob operative Verfahren notwendig sind. Zum Beispiel zur Aufrichtung der Harnröhre, Straffung der Beckenbodenstrukturen und bei einer Absenkung der unteren Organe. In über 80 Prozent der Fälle wird eine Inkontinenz dadurch geheilt oder signifikant verbessert.
Weitere Operationen können im Bereich nervaler Reizleitungsstörungen und bei gut-/bösartigen Tumoren nötig werden.
Ein neueres, minimalinvasives Operationsverfahren "TVT (Tension-free Vaginal Tape) kommt aus Schweden. Dabei wird eine Schlinge um die Harnröhre gelegt und leicht abgeklemmt. So kommt es nicht mehr gleich bei jedem Husten und Lachanfall zu einem Harnabgang.
Hormone in den Wechseljahren
In den Wechseljahren kann es aufgrund der hormonellen Umstellung zu einer Inkontinenz kommen. Die Östrogene sorgen unter anderem dafür, die Gewebestrukturen im Beckenbereich gut zu durchbluten und elastisch zu halten. Nimmt die Östrogenproduktion im Alter ab, kann dies zu einer Belastungsinkontinenz führen. Bei starkem Leidensdruck kann eventuell eine Hormonersatztherapie sinnvoll sein. Das sollten Sie mit Ihrer Gynäkologin, ihrem Gynäkologen zusammen sorgfältig abwägen.
Für die Anwendung von Arzneimitteln mit pflanzlichen Hormonen (Phytoöstrogene) fehlen bisher die Nachweise in Bezug auf Wirksamkeit und Risiken.
Allerdings spricht nichts dagegen, bei der täglichen Nahrungszubereitung phytoöstrogenhaltige Lebensmittel häufiger zu genießen. Der angenehme Begleiteffekt: Diese pflanzlichen Nahrungsmittel bringen allesamt ein ganzes Bündel weiterer gesundheitlicher Vorteile mit:
- Leinsamen, Sesamsamen
- Sojabohnen, Edamame, Tofu
- Miso-Suppe, Tempeh
- frische Beeren (Himbeeren, Erdbeeren, Cranberrys)
- getrocknete Aprikosen, Datteln, Pflaumen
Inkontinent und das Leben genießen!
Wenn Therapien nicht anschlagen oder längere Zeit andauern, helfen hygienische Hilfsmittel, unbeschwert durch den Alltag zu kommen. Das sind in erster Linie die aufsaugenden Inkontinenzhilfsmittel, wie Einlagen, Vorlagen, Inkontinenzwäsche und Auflagen.
Inkontinenzeinlagen gleichen den Monatsbinden. Sie verfügen über starke Haftstreifen zur Befestigung. Es gibt sie in verschiedenen Größen und Saugstärken.
Inkontinenzvorlagen sind für eine mittlere bis schwere Inkontinenz geeignet. Demensprechend sind sie größer und dicker. Klebestreifen gibt es nicht, sie müssen mit spezieller Unterwäsche fixiert werden. Die Inkontinenzvorlagen gibt es auf die weibliche Anatomie perfekt abgestimmt zu kaufen.
Für nachts, und bei schwerer Inkontinenz, sind Inkontinenzschutzhosen am sichersten.
Für den Schutz von Matratzen und Polster gibt es verschiedene Auflagen, die auf der Unterseite undurchlässig für Flüssigkeiten sind.
Der Intimbereich erfordert eine sorgfältige Hygiene. Dafür sind spezielle Cremes, Waschlotionen und geruchsneutralisierende Produkte erhältlich.
Vaginaltampons wurden speziell dafür entwickelt, im Inneren der Scheide Druck auf die Harnröhre auszuüben. Dadurch wird ein unwillkürlicher Harnabgang erschwert.
Eine Scheideneinlage (Pessar) kann bei einer leichten Belastungsinkontinenz zum Einsatz kommen. Sie dient zur Stabilisierung der Harnröhre, ist jedoch nicht für den Dauereinsatz geeignet.